Der Mensch ist ein unruhiges Wesen. Kaum hat er etwas erreicht, fällt ihm auf, dass es da draußen noch etwas Besseres, Neueres oder Einfacheres gibt. Das ist ein Fluch für die innere Ruhe – aber ein Segen für die Wirtschaft. Denn genau auf diesem Mechanismus beruht letztlich das, was wir Wirtschaftswachstum nennen. Es beginnt nicht mit Maschinen, Bilanzkennzahlen oder Aktienkursen, sondern mit einem kleinen „Was wäre, wenn…?“ im Kopf eines Kunden. Und endet mit einem Vorstand, der die Stirn krauszieht und ruft: „Da müssen wir was machen!“
Börsennotierte Unternehmen sind da besonders zuverlässig. Sie haben keinen Feierabend. Sie haben keine Midlife-Crisis. Sie haben Quartalsberichte. Und diese werden von Aktionären gelesen. Aktionäre, so sagt man, sind die einzigen Wesen im Universum, die bei einer konstanten Null auf dem Wachstumsmeter nervös werden. Sie haben ihr Kapital investiert, weil sie eine Rendite erwarten – und nicht, weil sie den Firmennamen hübsch finden. Und so sitzt der Vorstand auf einer tickenden Uhr. Wenn das Wachstum schwächelt, klingelt der Aufsichtsrat. Wenn es ausbleibt, klingeln die Investoren. Wenn es schrumpft, klingelt die Presse. Und irgendwo dazwischen klingelt das eigene Gewissen, denn man wollte ja eigentlich auch mal was mit Sinn machen.
Aber zurück zum Wachstum. Warum wird es also immer eines geben? Ganz einfach: Weil Unternehmen nicht anders können. Wachstum ist ihr Sauerstoff. Stellen Sie sich ein börsennotiertes Unternehmen wie einen gut gekleideten, immer leicht gehetzten Marathonläufer vor. Die Ziellinie? Gibt es nicht. Dafür gibt es Etappenziele. Jedes Quartal. Und die Zuschauer am Rand, also die Anleger, jubeln nur, wenn er schneller wird. Nicht, wenn er einfach weiterläuft.
Nun könnte man meinen, irgendwann sei alles ausgereizt. Wie oft kann man ein Smartphone eigentlich neu erfinden? Wie viele Streamingdienste braucht ein Mensch? Und warum schmeckt die neue Rezeptur vom Lieblingsprodukt plötzlich nach Vanille-Minze-Chili? Die Antwort: Weil Unternehmen nicht nur produzieren, sondern ständig adaptieren. Wenn die Kunden auf Nachhaltigkeit stehen, wird die Verpackung grün. Wenn sie auf Digitalisierung setzen, wird analog abgeschafft. Wenn Retro modern ist, kommt das Klapphandy zurück. Wer stehen bleibt, wird überholt – und das ist an der Börse selten ein gutes Zeichen.
Wachstum heißt also nicht zwangsläufig: immer mehr vom Gleichen. Es heißt: immer anders, immer besser, immer relevanter. Unternehmen sind Verwandlungskünstler. Der Buchhändler wird zum Cloudanbieter. Der Autohersteller wird zur Mobilitätsplattform. Der Kaffeeverkäufer wird zum dritten Ort zwischen Zuhause und Büro. Es sind diese Verwandlungen, die das Wirtschaftswachstum am Laufen halten. Die Unternehmen wissen: Wenn sie morgen noch gebraucht werden wollen, müssen sie heute schon ihre Zukunft erfinden. Und wenn sie dabei versehentlich einen neuen Markt aufmachen – umso besser.
Natürlich ist das nicht immer elegant. Manches Wachstum wirkt erzwungen wie ein Lächeln auf einem schlechten Bewerbungsfoto. Aber auch das gehört dazu. Denn es zeigt: Da ist Druck im System. Und Druck erzeugt bekanntlich Bewegung. Oder wenigstens einen Strategieworkshop.
Die Idee, dass Wirtschaftswachstum irgendwann endet, setzt voraus, dass sich die menschlichen Bedürfnisse nicht mehr verändern. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Unsere Wünsche wandeln sich mit jeder Generation, jedem technologischen Sprung, jedem gesellschaftlichen Trend. Und solange es Menschen gibt, die sagen: „Das müsste doch besser gehen!“, wird es auch Unternehmen geben, die antworten: „Dann machen wir das eben!“ Was folgt, ist Wachstum. Nicht linear. Nicht immer sauber. Aber unausweichlich.
Wer heute in Unternehmen investiert, investiert nicht in den Status quo. Sondern in Bewegung, in Ideen, in Anpassungsfähigkeit. Und ja – in ein System, das sich selbst am Laufen hält, weil es gar nicht anders kann. Vielleicht hat das Wachstum nicht immer ein gutes Image. Aber es hat ein gutes Gedächtnis: Es erinnert uns daran, dass Stillstand keine Option ist. Nicht für Firmen. Nicht für Kapital. Und auch nicht für unsere eigene Vermögensentwicklung.
Wer das versteht, erkennt: Wirtschaftswachstum ist kein Bonus – es ist der Takt, in dem unsere ökonomische Welt atmet. Und wenn man diesen Takt kennt, lässt sich nicht nur klüger investieren. Sondern vielleicht auch mit einem kleinen Lächeln dabei zusehen, wie aus der nächsten guten Idee der nächste große Trend wird.
Financial Poetry Wo Zahlen tanzen, spielt der Geist den Takt,
Denn Aktionärsdrang schließt still den ewigen Pakt.
In jedem Vorstandsbüro schlägt unermüdlich die Zeit,
Weil Rendite laut ruft: „Ergebnis – ich bin bereit!“
Und wer heute nicht erfindet, bleibt morgen schon zurück,
Denn Anpassung ist Gesetz, verleiht dem Pulsschlag Glück.
Wenn Kunden neu entflammen, schlägt die Zukunft im Sein,
Unternehmen gießen stetig Ideen in Formen hell und rein.
Ein Puzzle mosaikhaft, das täglich wächst und erwacht,
Getragen von Profit und Vision, die täglich neu entfacht.
Kein Stillstand schreibt Geschichte, er ist Asche ohne Mut,
Doch Wachstum zündet Funken, nährt aus Spannung eine Glut.
Der ständige Drang erklingt in jedem Börsen‑Klang,
Und hält den Takt am Laufen – ein erlesener Zwang.
So webt der Fortschritt fort die alte Magie,
Ein ewiges Gedicht aus Mut und Strategie.